Funktionales und soziales Design aus Hannover
Hallo Simon, erzähle uns doch mal von deinem bisheriger Werdegang – beruflich und privat.
„Ich habe mit 17 Jahren eine Ausbildung zum Steinmetz gemacht. Nach einigen Jahren als Geselle habe ich dann mein Fachabitur nachgeholt und ein Studium im Bereich Industriedesign absolviert. Nach dem Studium habe ich gemeinsam mit zwei Kommilitonen ein Designstudio gegründet. Seit 2015 führe ich meine Tätigkeiten als Industriedesigner als Studio Simon Kux durch (www.simon-kux.com, @simonkux) und unterrichte seit 2018 als Lehrbeauftragter im Studiengang Produktdesign an der Hochschule Hannover.
Seit Ende 2020 bin ich auch für das Plasticycle Projekt verantwortlich. Ein Kunststoffrecyclingprojekt, für Bildungsarbeit im Bereich der globalen Kunststoffproblematik (@hannover_preciousplastic). Wir haben für dieses Projekt finanzielle Unterstützung vom Innovationsfond der Stadt Hannover bekommen und suchen aktuell nach Bildungsträgern, die Interesse an Workshops zu diesem Thema haben.
Auch konnten wir bereits einige Lokale Kooperationspartner für unser Projekt gewinnen, wie zum Beispiel die Firma Göing und einige Betriebe aus unser direkten Nachbarschaft, die unser Vorhaben unterstützen.“
Wie würdest du das Ziel deiner Arbeit beschreiben?
„Dazu muss ich wohl meine Tätigkeit als Designer von meiner Tätigkeit als Lehrbeauftragten trennen. Wobei das gar nicht so einfach ist, da diese beiden Tätigkeiten unmittelbar miteinander verknüpft sind und sich natürlich auch gegenseitig beeinflussen.
Als Lehrbeauftragter habe ich hauptsächlich mit Studierenden des ersten und zweiten Semesters zu tun. Also Menschen, die in der Regel direkt aus der Schule an die Hochschule kommen – mit einigen Ausnahmen natürlich. Unser Schulsystem hat da deutliche Spuren hinterlassen und gegen diese „verschulte“ Denkweise gilt es erst einmal anzukämpfen. Ich sehe mich da als „Sparringspartner“ für die Student*innen. Ich konfrontiere sie mit einer Aufgabenstellung und stelle kritische Fragen zum Entwurfsprozess, zur Umsetzung und natürlich zum Ergebnis. Im Grunde habe ich für meine Student*innen mehr Fragen als Antworten. Ein gutes Produkt entsteht immer aus einem Dialog heraus. Wer nicht lernt, diesen Dialog zu führen, wird nicht in der Lage sein, zeitgemäße Produkte zu gestalten. Das versuche ich den Student*innen zu vermitteln.
Im Fokus meiner Arbeit als Designer steht das Entwickeln von industriell gefertigten Produkten. Ich arbeite mit lokalen Betrieben, Großkonzernen, aber auch mit kleinen Startups zusammen. Meistens steht am Anfang nur eine grobe Idee und ich schaue dann, gemeinsam mit diesen Firmen, wie wir diese Idee in die Realität umsetzen. Das kann von einem Prototyp über eine Kleinserie bis hin zum Massenprodukt fast alles sein. Auch gibt es Kunden, die mich temporär in ihren kreativen Prozess mit einbinden, um neue Impulse von Außerhalb zu bekommen. Workshops und Kreativveranstaltungen sind auch Teil meiner Dienstleistung die ich für Firmen, unabhängige Bildungsträger, Schulen oder Museen anbiete. Das hört sich alles erst einmal sehr viel an, ist aber im Grunde alles mit einander verbunden.“
Wie gestaltet sich dein Arbeitsalltag?
„Im Kontext der aktuellen Pandemie wohl eine sehr gute Frage. Zurzeit sehr chaotisch, wie bei den meisten Leute wahrscheinlich. Irgendetwas zwischen Zoommeeting, Homeschooling und Werkstatt.“
Es gibt den Begriff „social relevant design concepts“. Was ist das genau? Was bedeutet es für dich?
„Diesen Satz habe ich vor etwa zwei Jahren mal im Zusammenhang einer Aufgabenstellung, eines Kurzzeitentwurfes, an der Hochschule formuliert. Meine Studierenden bekamen damals folgende Aufgaben: Entwerfen Sie ein Produkt mit einem sozial relevanten Hintergrund.
Das war ein sehr spannendes Experiment und hat den Diskurs und den Entwurf auf die gleiche Ebene gestellt. Ich habe, für mich sehr viel aus diesem Projekt mitgenommen. Da drin steckt einfach eine Art Selbstüberprüfung meiner eigenen Arbeit. Eine soziale Relevanz kann ja im Grunde alles haben was mit Menschen in Kontakt kommt: Welche Kleidung wir trage, welche Verkehrsmittel wir nutzen oder welche Lebensmittel wir Konsumiere. Nun kann ich mir überlegen, welchen Einfluss das auf die Gestaltung meiner Produktentwürfe hat. Wo kommen die Rohstoffe für mein Produkt her? Wer ist, unter welchen Umständen an der Fertigung dieses Produktes beteiligt? Wer benutzt es? Und vor allem: Was passiert mit meinem Produkt nach dem es nicht mehr benutzt wird? Das alles sind Schnittstellen, die früher oder später unsere gesamte Gesellschaft betreffen, egal ob wir dieses Produkt konsumiert haben oder nicht. Und in jedem dieser Punkte gibt es kleine „Stellschrauben“ die ich im Gestaltungs- und Planungsprozess mit einbeziehen und im besten Fall positiv beeinflussen kann. Es ist im Grunde eine Art erhobener Zeigefinger für mich selbst.“