©Christian Barz

Engagement sowohl auf als auch jenseits der Bühne: Sandra Quadfliegs soziales und kulturelles Wirken

CityGlow

17. November 2023

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Sandra Quadflieg, geboren in Bremen, ist eine renommierte Schauspielerin, die ihre Ausbildung an der Schule für Schauspiel Hamburg absolviert hat. Seitdem wurde sie für zahlreiche Rollen im Theater, Film und Fernsehen engagiert. Doch ihre Arbeit beschränkt sich nicht nur auf die Bühne und die Leinwand. Sandra Quadflieg ist auch als Synchron-, Hörbuch- und Hörspielsprecherin für beliebte Serien wie beispielsweise “Die drei ???” und “Hanni & Nanni” tätig. 

Neben ihrer Karriere als Schauspielerin engagiert sich Sandra Quadflieg auch für verschiedene wohltätige Zwecke. Sie ist Mitglied im Vorstand der Benita Quadflieg Stiftung, die sich für Kinder mit Unterstützungsbedarf, Behinderungen und frühkindlichen Traumata einsetzt. Zudem ist sie stellvertretende Vorstandsvorsitzende des Kulturvereins Lebendiger Jungfernstieg, der kulturelle Veranstaltungen in Hamburg organisiert und als Schirmherrin, Repräsentantin und Botschafterin für viele weitere wohltätige Organisationen tätig. 

 

Wir trafen Sandra und hatten ihr ein paar Fragen gestellt: 

 

CG: Wie bist du zur Schauspielerei gekommen? War das der große Traum? 

Ja, es war von Kindheit an mein großer Traum! Ich wollte nie etwas anderes werden! Als Kind haben mich meine Eltern oft mit ins Theater genommen und ich saß bei meinem ersten Theaterbesuch mit ca. fünf Jahren fasziniert im Publikum und habe staunend gesagt: „Das, was die da auf der Bühne machen, das möchte ich auch werden!“ Von da an habe ich zu Hause die ersten privaten Vorstellungen im Wohnzimmer gegeben und die Verwandtschaft musste eine Mark Eintritt bezahlen. Mein Opa gab mir sogar immer einen Heiermann (fünf Mark Stück) 

Nach dem Abitur, privatem Schauspielunterricht undeinigen kleineren Rollen im TV bekam ich den Rat von einem Schauspieler: „Mädchen, mach am besten eine richtige staatliche Schauspielausbildung, Du bist so talentiert!“ Ich bewarb mich an der Schule für Schauspiel in Hamburg und absolvierte dort eine dreijährige Ausbildung. Zudem nahm ich Gesangs- und Klavierunterricht und bekam die ersten Haupt- und Nebenrollen. Spielte in Serien wie “Großstadtrevier“ und ”Die Rettungsflieger“ mit. 

Vor der Kamera fühle ich mich “wie zu Hause“. Ich liebe das Spiel mit der Kamera. Jeder Augenaufschlag, jede noch so kleine Mimik, bekommt eine Bedeutung. Und auf der Bühne liebe ich es, das Publikum im Saal zu spüren. Und die Rolle in einem durchleben zu können und nicht wie im Film in unchronologischen Szenen zu spielen.  

     CG: Wie würdest Du die Essenz des Schauspielens beschreiben und welche Herausforderungen und Erfüllungen bringt dieser Beruf mit sich?  

Das Wichtigste ist, den Zuschauer zu berühren und zu fesseln. Er sollte in die Geschichte eintauchen können und dem Schauspieler abnehmen, was er in dem Moment verkörpert. Schauspiel ist zwar sehr viel Handwerk. Aber eben auch ganz viel Gefühl. Und die Reflexion auf sich selbst. Als Schauspieler hört man nie auf zu lernen. Deshalb beobachte ich so gerne Menschen. Wenn ich in einem Café sitze, studiere ich ihre Gesten, ihre Mimik, ihre Art zu erzählen.  

Natürlich kenne ich auch die leeren Zeiten. Die Zweifel, die nagen. Die Träume, die platzen. Viele Leute sehen nur den roten Teppich. Schauspieler, das ist wohl der schönste Beruf, den man haben – aber auch leider nicht empfehlen – kann. Und vor allem: Ohne Besessenheit, Berufung und Herzblut geht es nicht. Will heißen: Wer beim ersten Gegenwind umfällt, sollte sich lieber nicht für die Bühne entscheiden. 

 

CG: Du hast deine eigene kulturelle Hörbuchreihe bei Random House Audio, wie kam es dazu?  

Manchmal ist es nur ein kleiner Satz, der etwas Großartiges auslöst. „Dein blauer Brief hat etwas Himmel in diese graue Wohnung gebracht.“ Als mir dieser Satz buchstäblich in die Hände fiel, kam ich von den Wörtern nicht mehr los. Ich stand in einem Antiquariat am Rathausmarkt und hielt ein altes Buch mit dem Titel “Meiner Seele Töne“ in den Händen. Nach dem ersten Satz las ich die nächsten. Und dann atemlos immer mehr Seiten. 

Irgendwann fragte der Buchhändler, ob er mir einen Stuhl anbieten könne. „Oder wollen Sie das Buch vielleicht kaufen und zu Hause weiterlesen?“ Ich habe das Buch mit dem bewegenden Briefwechsel von Claire und Yvan Goll, einem der schillerndsten Dichter-Paare des vergangenen Jahrhunderts, auf dem heimischen Sofa in einem Zug verschlungen. Und mir dann gedacht, dass dieser Schatz unbedingt zum Leben erweckt werden muss. Das Leben der beiden ist eine Achterbahnfahrt, die einen mitreißt. Und eine spannende Zeitreise durch ein Jahrhundert mit zwei Weltkriegen. Hoch emotional und extrem spannend durch die Einblicke in die politischen Hintergründe und natürlich in die Ménage-à-trois, welche Paula Ludwig, Yvans Geliebte, komplettierte. Ich wollte den beiden noch einmal eine Stimme geben. Mit einem Hörbuch. Ich klärte die Rechtefragen und fand, dass eigentlich nur Ulrich Tukur für die Rolle des Yvan Goll infrage käme. Man wird ja noch mal träumen dürfen. Ich schrieb ihn an – und bekam tags darauf seine Antwort mit der Zusage. Ich erarbeitete das Konzept, stellte die Textauswahl zusammen, führte Regie und sprach alles gemeinsam mit Ulrich Tukur ein. Das Hörbuch “Nichts fehlt – außer Dir“ belegte Platz 1 der Bestenliste von hr2, dem Kulturradio des Hessischen Rundfunks, und war Hörbuch der Woche beim Bayerischen Rundfunk. Wir feierten auch eine wundervolle Premiere im ausverkauften St. Pauli Theater. Auch dieses Projekt zeigte mir, dass es sich lohnt, für seinen Traum und seine Liebe zu kämpfen. Vom ersten Satz im Antiquariat zum umjubelten Bühnenauftritt im Theater, das waren Monate voller Arbeit. Mit vielen Hoffnungen und Zweifeln. Und, als der Beifall aufbrauste, am Ende auch mit großen Glücksmomenten. Wie ein kleines Stück vom Himmel eben. 

Aufgrund des Erfolgs schlug mir mein Verlag Random House Audio vor, daraus eine Hörbuch-Reihe zu machen. Ich nahm das Angebot an. Es folgte der Briefwechsel: “Im Vertrauen“, zwischen Hannah Arendt und Mary McCarthy, den ich gemeinsam mit Katharina Thalbach einsprach. Und danach “Wir haben uns wirklich an allerhand gewöhnt.“, der Briefwechsel zwischen Christa Wolf und Sarah Kirsch, den ich mit Iris Berben einsprach. Dieser wurde für die Longlist in der Kategorie “Wortkunst“ beim Preis der Deutschen Schallplattenkritik nominiert und wurde auf der hr2-Hörbuchbestenliste vom Hessischen Rundfunk ausgezeichnet. Gerade habe ich das Manuskript zu meinem nächsten Hörbuch fertig geschrieben. Es ist der Briefwechsel zwischen keinen geringeren als Marie Antoinette und Maria Theresia. Darauf darf sich das Publikum 2024 freuen.  

CG: Welche Rolle spielte Benita Quadflieg in der Gründung der Benita Quadflieg Stiftung, und wie hat die Stiftung dazu beigetragen, das Erbe und die Visionen von Benita Quadflieg weiterzuführen? Und für welche Organisationen engagierst Du Dich noch?  

2011 wurde die Benita Quadflieg Stiftung gegründet, weil das Kinderhaus vom Haus Mignon – das zu dem Institut gehört, welches Benita Quadflieg vor über 40 Jahren gegründet hat vom damaligen Besitzer verkauft werden sollte. Weil unsere Kinder darin lebten, haben wir beschlossen eine Stiftung zu gründen, um das Kinderhaus kaufen zu können, um die wichtige Arbeit dort zu erhalten. Benita starb einen Monat vor Stiftungsgründung mit 95 Jahren, aber es war ihr Wunsch, dass ich im Vorstand bin, um ihre Gedanken und Visionen weiterzuführen. Heute besteht das Institut Haus Mignon aus dem Kinderhaus, in dem Kinder stationär leben, dem Integrationskindergarten, der interdisziplinären Frühförderstelle und dem Segelschiff Fortuna der Mignon Segelschifffahrt auf dem Integrationsfahren angeboten werden. Außerdem bietet das Haus Mignon ein breites Therapieangebot an, wie beispielsweise Musiktherapie. Insgesamt werden in allen Bereichen vom Haus Mignon über 350 Kinder von 90 Mitarbeitern betreut und wir als Stiftung sorgen dafür, dass die nötigen Gelder mit Hilfe von Spenden eingeworben werden, um diese wichtige Arbeit fortsetzen zu können.  

 

Eine zweite Herzensangelegenheit ist für mich der Kulturverein Lebendiger Jungfernstieg, in dem ich stellvertretende Vorstandsvorsitzende bin. Alexander Otto hat diesen Verein 2002 gegründet. Wir bringen Kultur ins Herz der Stadt und organisieren am Jungfernstieg das jährlich stattfindende Musikfest am Jungfernstieg, das Binnenalster Filmfest – in Kooperation mit dem Filmfest Hamburg und dem City Management Hamburg und die Outdoor Galerie. Zu unserem 20-jährigen Bestehen haben wir der jüdischen Zauberkünstlerin Rosa Bartl eine Gedenktafel mit Zauberstab am Jungfernstieg 24 anbringen lassen, um gegen das Vergessen anzukämpfen und Hamburg einen Glücksbringer zu schenken. In den 30er Jahren betrieb sie dort zusammen mit ihrem Mann ein weit über Hamburg hinaus bekanntes Geschäft für Zauberartikel bis die Nazis ihr verboten, ihr eigenes Geschäft zu betreten. Nach dem Krieg führte sie das Geschäft mit Ihrem Mann zusammen weiter. Das Besondere: Wer den Zauberstab berührt, bekommt Glück! 

 

Seit 2018 bin ich zudem Schirmherrin des Norddeutschen Knochenmark- und Stammzellspender-Registers und mache darauf aufmerksam, dass jeder mit Hilfe einer Blutspende Leben retten kann, wenn er der genetische Zwilling eines an Leukämie erkrankten Menschen ist. Es kann jeden treffen – etwa alle 45 Minuten wird allein in Deutschland eine Leukämie festgestellt. Bei Leukämien und anderen schweren Krankheiten ist die Stammzellspende eines “genetischen Zwillings“ häufig die letzte Überlebenschance! Daher auch hier mein Appell: Bitte lassen Sie sich typisieren! Fordern Sie dafür einfach ein Typisierungsset auf der Homepage des NKR an. Sie bekommen dann alles zugeschickt! Helfen Sie bitte mit, Menschenleben zu retten! 

 

Auch ein sehr wichtiges Thema sind für mich die Frauenrechte. Deshalb bin ich Repräsentantin von Women in Film and Television. Ein Netzwert, welches 1973 in Los Angeles gegründet wurde und mittlerweile über 13.000 Mitglieder weltweit verzeichnet. Wir setzen uns für Equal Pay ein. Film und Fernsehen ist ein mächtiges Medium, deshalb ist es so wichtig, dass unsere Gesellschaft real widergespiegelt wird, um das Bild nicht zu verfälschen und zu prägen. Im Film und Fernsehen wird die Realität oft nicht ausreichend widergespiegelt, ein nicht zeitgemäßes Altersbild von Frauen oder es wird ein überholtes und klischeehaftes Rollen- und Geschlechterbild manifestiert. Höchste Zeit für Veränderung! Deshalb machen wir mit unseren Panels darauf aufmerksam und versuchen Filmfrauen national und international zu vernetzen, denn nur gemeinsam können wir die Filmbranche verändern. 

 

CG: Bist du auf einen Meilenstein in deiner sozialen Karriere besonders stolz? 

“Stolz“ ist ein Adjektiv, dass ich nur in Bezug auf andere, im Sinne von: „Ich bin stolz auf Dich!“ verwende, aber nie auf mich selbst. Ich sehe es als meine Pflicht an, einen Beitrag für eine bessere Gesellschaft zu leisten! Wenn man mit offenen Augen durch die Welt geht und die vielen Missstände sieht, kann ich nicht die Augen davor verschließen, sondern muss handeln! 

Sandra Quadflieg ist zweifellos eine Frau von beeindruckendem Talent und Hingabe. Ihre Leidenschaft für die Schauspielerei, verbunden mit ihrem sozialen und kulturellen Engagement, hat sie zu einer herausragenden Persönlichkeit in der deutschen Kunst- und Kulturlandschaft gemacht. Ihre Fähigkeit, sowohl auf der Bühne als auch im wirklichen Leben einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen, ist bemerkenswert. Die Geschichten, die sie teilt, sowohl über ihre Schauspielkarriere als auch über ihre Projekte abseits der Bühne, sind inspirierend und ermutigend. Es ist klar, dass Sandra Quadflieg nicht nur eine talentierte Schauspielerin ist, sondern auch eine Person mit einer tiefen Leidenschaft für das Leben und einem echten Wunsch, positiven Einfluss zu nehmen. 

 

Die Einblicke in Sandras Hörbuchprojekte, insbesondere ihre Arbeit mit Random House Audio, bieten eine faszinierende Perspektive auf ihre kreative Vision und ihr Engagement für Kunst und Kultur. Es ist erfrischend zu sehen, wie jemand mit so viel Talent und Erfolg sich immer noch von kleinen Dingen, wie ein Satz in einem alten Buch, inspirieren lässt. 

 

Zum Abschluss unseres Gesprächs möchten wir uns herzlich bei Sandra Quadflieg bedanken. Es war eine wahre Freude, mehr über ihre Reise, ihre Projekte und ihre Visionen für die Zukunft zu erfahren. Danke, Sandra, für das inspirierende und aufschlussreiche Gespräch. Wir freuen uns darauf, weiterhin von deinen großartigen Projekten und deinem fortwährenden Engagement für Kunst, Kultur und soziale Belange zu hören. 

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