Kolumne von Adriaan van Veen
Du bist 28 Jahre alt musst 25 Mitarbeiter entlassen, weil deine Firma Insolvent ist – und jetzt? Da stehst du dann, wie das Männlein im Walde. “Adriaan du musst Aufstehen und weiter machen”, würde jeder sagen. Diese Sprüche höre ich, Adriaan van Veen dauernd, manche machen regelrecht einen Sport daraus, täglich Zitate mit Lebensweisheiten in ihren sozialen Medien zu posten, was mich persönlich ziemlich nervt, vor allem, weil sie meist nichts davon in die Tat umsetzen. Diese Zitate, Weisheiten oder wie man sie auch nennen mag, sind in der Tat sehr wertvoll und ich halte viel von ihnen. Sie sind so simpel formuliert und bringen Dinge direkt auf den Punkt. Das Problem daran ist, so simpel sie auch klingen, so schwer sind sie umzusetzen.
Mein erster Versuch, mich aus dem Loch in das ich gestürzt war rauszuholen, sah wie folgt aus: Ich fing an mich zurück zu ziehen, saß 12 Stunden pro Tag am Computer und wie alles was ich machte war ich auch in der Disziplin des Computerspielens mit vollem Einsatz dabei, sodass ich in Kürze zu den besten fünf Prozent eines sehr beliebten Ego-Shooters wurde. Auch auf dem Super Nintento schaffte ich es mit dem Spiel Super Mario Kart unter die Top 100 der Welt. „Adriaan van Veen ist einer der Besten“ sagten die anderen. Gebracht hat es mir nichts, lediglich Lebenszeit geraubt. Ab und zu ist sowas sicher ok aber nicht so exzessiv.
Das sonst so häufig besuchte Fitnessstudio sah ich nur noch in Form einer Abbuchung auf meinem Kontoauszug und als neuen Freund suchte ich mir das Süßigkeiten-Regal und Tiefkühlpizzen im Supermarkt aus. Resultat: 104 Kilogramm auf der Waage und deutlich unglücklicher als zuvor. Vom sportlichen, motivieren Adriaan war nicht mehr viel übrig. “Aufstehen und weiter machen” hatte also nicht so ganz geklappt. Ich war wirklich wütend, wirklich unglaublich wütend über mich selbst, sodass ich beschloss, von heute auf morgen alles zu ändern. Ein neue Adriaan van Veen.
Der Gaming-PC wurde verkauft, die Ernährung wurde radikal umgestellt. Jetzt gab es keine zuckerhaltigen Getränke, Brot, Nudeln oder Süßigkeiten mehr. Ab jetzt wurde Reis, Gemüse und mageres Putenfleisch gegessen dazu gab es Wasser, Tee oder Cola Zero (nicht unbedingt gesund, hat aber geholfen nicht so viel an Süßigkeiten zu denken) Außerdem sah ich das Fitnessstudio nun wieder vier Mal pro Woche von innen und trainierte fleißig. Trank meine Eiweißshakes und schon nach fünf Monaten hatte ich die 20 Kilogramm wieder abgenommen. Neues Selbstbewusstsein, ein tolles Körpergefühl und eine unglaubliche Motivation war der Dank für den Fleiß.
- Dies wusste auch die BILD zu schätzen und so wurde mein Abnehmerfolg deutschlandweit abgedruckt. Ich erinnere mich noch, wie ich an dem Tag zur Tankstelle ging und mir eine BILD kaufte. Mein Vorher-Nachher-Bild war direkt auf der Titelseite. Die Verkäuferin scannte die Zeitung ein, schaute mich an, dann fiel ihr Blick wieder auf die Zeitung und sie fragte mich: „Sind Sie das da auf dem Bild?“ Ich war etwas beschämt aber auch irgendwie stolz und nickte mit einem Lächeln. Ich ging mit einem breiten Grinsen aus Tankstelle und fühlte mich wie ein Promi. Ich bekam auf einmal von Menschen Nachrichten gesendet die ich gar nicht kannte und die mir gratulierten – das war ein schönes Gefühl. Mein erster Kontakt mit der Presse und es ging weiter. Kurze darauf bekam ich einen Anruf vom NDR-Fernsehen, welches eine Dokumentation über gesundes Abnehmen mit mir drehen wollten. Das Kamerateam besuchte mich in meinem Fitnessstudio und drehte eine Reportage über mich. Natürlich schaute das ganze Fitnessstudio beim Dreh zu, was irgendwie cool war aber auch ungewohnt. “All eyes on me”. Das Drehen war kein Problem, Angst hatte ich nur vor dem Interview, was zum Glück gut verlief. Nun kam eins zum anderen, Fotografen schrieben mich an und wollten Fotos von mir machen. Erst lehnte ich ab, weil ich nicht das Gefühl hatte selbstsicher genug zu sein um vor der Kamera eine gute Figur abzugeben. Dann sagte eine Stimme in mir: Warum nicht, versuch doch mal was Neues, trau dich doch mal was, komm aus deiner verdammten Komfort-Zone raus. Und so begann mein Einstieg in die Modelwelt die mich bis zur Fashion Week Berlin brachte.
Weiter geht es im nächsten Heft.
Fotos: Maik Rietentidt