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Westfield-Effekt: Gentrifizierung 2.0 in Hamburgs HafenCity
„Überseeboulevard“ – der schwebende Schriftzug verbindet Backstein und Glas und steht sinnbildlich für den urbanen Wandel, den das Westfield Hamburg-Überseequartier in der HafenCity vorantreibt. Foto: AdobeStock
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Westfield-Effekt: Gentrifizierung 2.0 in Hamburgs HafenCity

von CityGlow

„Danke für ein neues Stück Hamburg“, betonte Erster Bürgermeister Peter Tschentscher, als er das Westfield Hamburg-Überseequartier offiziell eröffnete. Das 2,45-Milliarden-Euro-Projekt vereint Shopping, Wohnen, Büros, Kreuzfahrtterminal und Entertainment unter einem gläsernen Dach – und legt damit den Turbo für die ohnehin rasant fortschreitende Gentrifizierung in Hamburg.

Mixed Use, Mega-Maßstab & Mietendruck

94 000 m² Retail-Fläche, drei Hotels, ein Zehn-Saal-Kino, 55 000 m² Wohnungen und modernste Büros: Betreiber Unibail-Rodamco-Westfield meldet bereits 95 Prozent vermietete Flächen und erwartet bis zu 16 Millionen Besucher pro Jahr. Stadtentwicklungssenatorin Karen Pein spricht von einem „Meilenstein, der Shopping, Kultur und Kulinarik intelligent verknüpft und die Innenstadt ergänzt“.

Gleichzeitig steigen die Neuvertragsmieten in beliebten Vierteln wie St. Pauli, Ottensen und Altona weiter – aktuell 31 Prozent über Mietspiegel. Dr. Rolf Bosse vom Mieterverein warnt: „Schon vor der Inflation fraß die Miete oft die Hälfte des Einkommens. Jetzt wird es brenzlig.“

Politische Begeisterung vs. soziale Balance

Während Rot-Grün Hamburg zur „lebenswertesten Metropole Europas“ formen will, kritisiert CDU-Fraktionschef Dennis Thering Verzögerungen und fehlende Sozialwohnungen: „Ein weiteres Beispiel für Pleiten, Pech und Pannen der Stadtentwicklung.“ Hinter vorgehaltener Hand zweifeln selbst Koalitionsmitglieder, ob die 30-Prozent-Quote geförderter Wohnungen langfristig reicht.

Stimmen aus der Wirtschaft

  • Jean-Marie Tritant, CEO URW: „Wir schaffen ein Quartier, das den urbanen Lebensstil des 21. Jahrhunderts abbildet.“
  • Prof. Jutta Blankau, frühere Bausenatorin: „Hamburg beweist erneut, wie Mut zu Landmarken internationale Strahlkraft erzeugt.“

Warum klappt das gerade in Hamburg?

Maritime DNA & Weltoffenheit: Als Tor zur Welt war die Hansestadt schon immer Drehscheibe für Waren, Ideen und Menschen. Der Hafen schafft Flair und Premiumlage zugleich.

Kaufkraft & Kreuzfahrttourismus: 1,3 Mio. Passagiere (2024) liefern einen stetigen Besucherstrom, der neue Retail-Flächen sofort belebt.

Politischer Gestaltungswille: Europas größtes innerstädtisches Entwicklungsgebiet – die HafenCity – dient als Experimentierfeld für nachhaltige Quartierplanung.

Landmarken-Marketing: Nach Elbphilharmonie und Speicherstadt weiß Hamburg, dass spektakuläre Bauten weltweite PR-Effekte erzeugen. Das Überseequartier schließt bewusst an diese „Wow-Tradition“ an.

Chancen, Risiken und der Blick nach vorn

Für Trend-Gastronomen, Digital-Nomaden und Touristen ist das Quartier ein Hotspot. Für Langzeitbewohner steigt der Druck: jeder Third-Wave-Coffee-Shop macht die Nachbarschaft begehrter – und teurer. Ob Hamburg den Spagat zwischen wirtschaftlichem Aufbruch und sozialer Balance schafft, entscheidet sich im Schatten des gläsernen Boulevards.

Fazit: Das Westfield Hamburg-Überseequartier ist Glanzstück und Stresstest zugleich. Es demonstriert Hamburgs Mut zu urbaner Innovation – bringt aber auch die Frage auf den Punkt, wie viel HafenRomantik sich eine progressive Metropole leisten kann, ohne ihre Seele zu verlieren. Lifestyle-Leser werden das Thema weiter verfolgen, denn hier kreuzen sich Shopping-Hype, Immobilienboom und Identitätsdebatte.

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