Der Kampf um den schönsten Adventskranz in den sozialen Medien hat begonnen – möchte man meinen, es würde gerade erst losgehen, hat der „Zirkus“ tatsächlich, zeitgleich mit den mit Lebkuchen gefüllten Supermarktregalen, bereits im September begonnen. Nun stellt sich mir wieder einmal die Frage, ob ich daran teilnehmen möchte oder nicht. Denn um was geht es in der Vorweihnachtszeit denn eigentlich ganz genau und hat man als berufstätige Mutter nicht eh schon viel zu viel auf der To-do-Liste?
Der Anspruch an uns Mütter wird immer größer und längst sind die Erwartungen, die wir erfüllen müssen, eigentlich unmöglich zu schaffen. Neben Haushalt, Kindererziehung und Familienalltag gehört es quasi zur Grundvoraussetzung, auch noch schlank, selbstbewusst, eine umsorgende Ehefrau, beruflich erfolgreich sowie möglichst erfüllt und ausgeglichen zu sein. Alles muss am besten mit Leichtigkeit und einem Lächeln gestemmt werden, und auch wenn der Tag eigentlich zu wenige Stunden hat, schaffen wir Mütter das natürlich mühelos. Die Realität sieht leider nicht ganz so glanzvoll aus. Da spreche ich aus meinen eigenen Erfahrungen, aber auch aus etlichen Gesprächen mit anderen Müttern. Ob mit oder ohne Karriereambitionen, manchmal ist es schlichtweg einfach zu viel, und das Gefühl, dass einem alles über den Kopf wächst, ist bei jeder Mutter sicher regelmäßig zu Besuch. Ein glückliches Kind, ein gemütliches Heim, oder ein beruflicher Erfolg sind natürlich Antrieb, Motivation und vor allem auch das schönste Lob für den ganzen MENTAL LOAD, dem wir tagtäglich ausgesetzt sind! Doch manchmal reicht ein Lob einfach nicht aus und ich würde mir wünschen, dass die Leistungen von uns Müttern noch viel stärker honoriert würden – von der Gesellschaft, der Politik, oder der eigenen Familie.
MENTAL LOAD – Mental Load bezeichnet in der Regel die Belastung, die durch das Organisieren und Ausführen von Alltagsaufgaben entsteht, die gemeinhin als nicht der Rede wert erachtet werden und somit weitgehend unsichtbar sind.
Aber nun zurück zur Weihnachtszeit – besonders unter uns Müttern herrscht in dieser besinnlichen Zeit ein enormer Konkurrenzkampf. Als wäre man nicht eh schon ständig am Rande des Wahnsinns, legt die Vorweihnachtszeit dem Ganzen noch eine Schippe drauf. Neben den wunderschönen Momenten und Erinnerungen, die diese besinnliche Zeit schafft, wie Kekse backen, basteln oder den Wunschzettel an den Weihnachtsmann zu schreiben, bricht bei den Müttern der große Kampf aus! Neben Adventskalendern und Kränzen darf natürlich auch das ein oder andere „Do it Yourself“-Projekt nicht fehlen und die Vanillekipferl müssen natürlich und unumgänglich selbst gebacken sein. Ist der selbstgebastelte Adventskalender oder der fertig gekaufte denn nun eigentlich der bessere!?
Kommt es nicht eigentlich auf ganz andere Dinge an?
Ich kann mich von diesem Weihnachtswahnsinn auch nicht lossagen und auch ich beschäftige mich schon seit Oktober mit der Frage nach unserem diesjährigen Adventskranz und mache mir bereits seit Wochen Gedanken über den diesjährigen Adventskalender. Der Grat ist schmal zwischen einmaligen Erinnerungen, die man schaffen möchte und dem Bemühen, nicht dem Konsumwahn zu verfallen. Ich könnte zum Beispiel stundenlang basteln und dekorieren! Das ist wie Meditation für mich und fühlt sich wie eine richtige kleine Auszeit an. Es tut mir gut! Backen hingegen zählt nicht zu meinen größten Talenten, weswegen ich es also dieses Jahr der Oma überlasse, anstatt mich deswegen völlig verrückt zu machen. Man muss nicht alles beherrschen und alles selber machen! Ich habe mir für dieses Jahr vorgenommen, nur Dinge zu tun, die mir wirklich Freude bereiten und alles noch einmal genauer zu hinterfragen: Brauche ich das jetzt wirklich? Muss ich das jetzt selber machen oder ist es ok, es zu kaufen und damit vielleicht auch noch ein kleines Unternehmen oder den stationären Handel zu unterstützen? Ist das gerade wichtig für mein Kind oder erliege ich damit nur dem Druck von außen? Welche Erinnerungen möchte ich schaffen? Für mein Kind und für mich?
Denn das Wichtigste ist es doch, in strahlende Kinderaugen zu blicken, die doch so viel genügsamer sind als die der Erwachsenen, oder?
Ich wünsche allen Leser:innen eine wunderbare Weihnachtszeit voller schöner Momente und unvergessliche Feiertage! Ich freue mich auf ein großartiges Jahr 2023 mit dieser Kolumne!
X Ann-Kathrin Hellge