Michael Davies – Vom Kindersoldaten zum Brückenbauer
Kindheit bis Flucht – Der Weg aus der Gewalt
Michael Davies wurde 1978 in Sierra Leone geboren und wuchs in einem Land auf, das vom Bürgerkrieg gezeichnet war. Mit 16 Jahren wurde er als Kindersoldat zwangsrekrutiert und kämpfte vier Jahre lang in einer Umgebung, die von Angst, Tod und Zerstörung geprägt war. Diese Jahre machten ihn emotional abstumpft – eine Überlebensstrategie, die tief in ihm verwurzelt blieb.
2001 entschied er sich zur Flucht, um dem Kreislauf aus Gewalt zu entkommen. Sein ursprüngliches Ziel war Amsterdam, doch in Paris riet ihm ein Schleuser, stattdessen nach Deutschland zu gehen. Davies folgte dem Rat und kam in Hamburg an. Dort waren die Kapazitäten erschöpft, und er wurde nach Bremen weitergeleitet. Die ersten Jahre in Deutschland waren für ihn eine Zeit der Orientierungslosigkeit, in der er kaum Zugang zu seinen eigenen Emotionen fand.
Ankunft bis zur Trennung – Die Suche nach Stabilität
2006 schien sich sein Leben zu stabilisieren, als er zum ersten Mal heiratete. Er hoffte, dass diese Beziehung ihm die nötige emotionale Sicherheit geben würde. Doch die inneren Narben aus der Kriegszeit verhinderten, dass er das Glück der Ehe wirklich empfinden konnte. „Ich wollte glücklich sein, aber ich konnte es nicht zulassen“, erklärt er rückblickend. Die Ehe scheiterte 2012 – ein Wendepunkt, der ihn dazu brachte, über seine Vergangenheit nachzudenken und die ersten Schritte zur Verarbeitung seiner Erlebnisse zu gehen.
2012 zog er nach Hannover, wo er den Mut fand, einen echten Neuanfang zu wagen. Mit seiner zweiten Beziehung im Jahr 2014 gelang es ihm, emotionale Mauern einzureißen. Seine Frau und die mittlerweile vier gemeinsamen Kinder gaben ihm die notwendige Unterstützung, um sich Stück für Stück von seiner Vergangenheit zu lösen.
Heutige Arbeit – Brückenbauer und Mentor
Ein wichtiger Teil seiner Heilung war die Kunst, insbesondere Filme. Davies entdeckte kreative Projekte als Werkzeug, um seine Erlebnisse zu verarbeiten und sie mit anderen zu teilen. Seine Filme erzählen Geschichten über Krieg, Flucht und Integration – nicht nur seine eigene, sondern auch die vieler anderer Menschen, die auf der Suche nach einem neuen Leben sind.
Heute engagiert er sich aktiv in der Arbeit mit Geflüchteten. Er weiß aus eigener Erfahrung, wie schwer es ist, in einem fremden Land anzukommen. Mit kleinen Gesten und gezielter Unterstützung hilft er dabei, Brücken zwischen Kulturen zu bauen. „Hinter jedem Flüchtling steckt eine Geschichte, die gehört werden sollte“, sagt er. Derzeit arbeitet er an einem neuen Filmprojekt über Flucht und Trauma, und auch seine eigene Lebensgeschichte soll bald verfilmt werden.