©Ralf Franzen

Mit ein bisschen Glück bekommen wir einen goldenen Oktober.

CityGlow

1. Oktober 2024

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Was für eine romantische Vorstellung, oder? Mit kuscheligem Pullover Arm in Arm durch bunte Wälder spazieren. Danach eine feine Tasse Tee vor dem Kamin! 

Blödsinn: Erstens haben wohl die Wenigsten einen Kamin. Und wenn sie einen haben, überlegt man doch jedes Mal, ob es sich lohnt, den anzuheizen! Denn am nächsten Morgen muss die ganze Asche säuberlich entfernt werden. Eine Katastrophe! 

Zweitens sind romantische Spaziergänge nur in der Werbung zu sehen. Wann nimmt man sich schon Zeit dafür? Alles viel zu hektisch. Und dann ist die Stimmung vielleicht grad im Keller, die Kinder wollen mit dabei sein, dann regnet es plötzlich… ach ach, das Leben ist nicht so leicht! 

Aber ich will natürlich keine trübe Stimmung verbreiten. Sie können schließlich selbst entscheiden, ob Ihnen eine langweilige Tasse Tee wirklich guttut. 

Aber der Herbst hat noch andere Dinge zu bieten: Im Oktober steht ja das schrecklich-schaurige Halloween an. Ich durfte letztens von einer Film-Visagistin geschminkt werden. Sie modellierte mir ein paar Schnittwunden auf die Stirn und auf die Wang. Und irgendwie dachte ich zum ersten Mal, dass es irgendwie ganz witzig wäre, super schick angezogen durch die Halloween-Nacht zu flanieren, den ein oder anderen Drink zu genießen und zwar mit Schnittwunden im Gesicht.  

Aber der Oktober hat noch eine ganz andere Bedeutung für mich: im Oktober haben nämlich zwei meiner Exfreunde Geburtstag. Eigentlich eine recht sinnlose Information für Sie – allerdings war der eine meine erste große Liebe – und das ist ja schon etwas ziemlich Großartiges. Der zweite allerdings war ein echter Gemeinling und sollte eigentlich gar keine Aufmerksamkeit in dieser Kolumne bekommen. Aber wie es so ist: die kuriosesten Geschichten schaffen es, für immer im Gedächtnis zu bleiben und damit hier niedergeschrieben zu werden. 

Ich nenne ihn bis heute den On-Off-Tobias und diesen Namen hat er sich wirklich verdient. Dabei begann alles so romantisch! Aber auch eben viel zu schön um wahr zu sein. Es war ein richtig verregneter November-Tag; ich kam gerade aus dem Fitnessstudio und hatte ein ganz rotes Gesicht, weil ich noch unbedingt in die Sauna wollte. Verquollen und verstrubbelt wie ein müdes Eichhörnchen stand ich im Aldi an der Kasse und versuchte mein Magenknurren zu ignorieren. Ich sah mich auch schon gleich wieder auf dem Sofa, eingemummelt in meine Kuscheldecke. Montagabende als Single – da freut man sich über die Lieblingsserie und eine große Pfanne Nudeln mit Käse.  

Als ich wie in Trance mit meinem Mini-EInkauf auf dem Band bis zur Kassiererin mitlief, lauschte ich plötzlich einer Stimme hinter mir. Ein Typ, der in sein Telefon irgendwas reinquasselte. Ich drehte mich um und schaute in die schönsten Augen, die ich bis zum damaligen Zeitpunkt jemals gesehen hatte. Ich war blitzverliebt! Und die Kassieren meckerte mich an: „was denn nun – bar oder mit Karte?“ – ich wurde vollkommen rausgerissen aus meinem Tagtraum. Und der Typ? Deutet mit dem Finger auf das Telefon, deutet ein „warte auf mich“ und zeigt nach draußen – und das war wohl der Moment, wo ich einen Fehler machte, den ich in den kommenden 15 Monaten zu spüren bekommen sollte.  

Natürlich wartete ich vor der Aldi-Eingangstür in der Kälte auf den Typen, der gerade bezahlte. Er kam raus, sagte, wie schön es sei, mich kennen zu lernen, und wir liefen die zwei Straßen bis zu meiner Haustür und verabschiedeten uns mit einem Ciao. Mist Mist Mist! Warum hat er nicht nach meiner Nummer gefragt? Ich ging ins Haus und widmete mich meinem Fernseher.  

Mein bester Freund beruhigte mich am nächsten Tag: Der wird sich schon melden. Und das tat er. Mit einer süßen Postkarte in meinem Briefkasten. Darauf folgten wunderschöne Dates und Ausflüge. Er hatte grad vier Wochen Urlaub, ich war Freiberufler – das passte. Und es hätte die perfekte Liebesgeschichte werden können, wenn nicht irgendwas an der Sache dann irgendwie nach seinem Urlaub plötzlich faul war.  

Der On-Off-Tobias arbeite nämlich eigentlich in einer anderen Stadt. Und schaffte es, sich dort vier Tage die Woche einfach mal gar nicht zu melden. GAR NICHT. Kein hallo, guten Morgen, gute Nacht – wie das Verliebte eigentlich so tun. Mein bester Freund beruhigte mich wieder: Manche Männer sind halt so. Ich machte das Spiel ein paar Monate mit. Und Tobias gelobte von Woche zu Woche Besserung. Es blieb aber alles immer Oon und off. War er in der Stadt, waren wir ein Paar, war er nicht da, kein Ton. Wir fuhren sogar einmal zusammen in den Urlaub. Es war wunderbar! Aber danach… na, Sie wissen schon, ging das Spiel wieder von vorn los. Ich wusste nicht, woran ich bin, fühlte mich nicht gebunden, eher allein, auf Abruf. Als ich ihn fragte, was wir denn nun haben, antwortete er: Oktober. Da machte ich Schluss.  

Sie wissen jetzt: On-Off-Tobias hatte seinen Namen nicht ohne Grund. Ein bisschen hat er mir das Herz gebrochen, das gebe ich zu. Aber ich ihm ein halbes Jahr später, glaube ich, noch mehr. Da stand er plötzlich mitten auf der Straße, hielt mich auf dem Rad an und gelobte endgültig Besserung. Er wisse jetzt, was er verloren habe. Aber ich verrate Ihnen was: Da war ich schon längst drüber hinweg. 

Tatsächlich trauern Männer und Frauen über verflossene Lieben sehr unterschiedlich. Männer lenken sich – so sagt es die Statistik – zuerst einmal ab: Sie unternehmen viel mit Freunden, treiben Sport, fahren in den Urlaub. Erst später realisieren sie, dass da was war, was nun fehlt. Bei Frauen ist es oft umgekehrt. Die flennen und fluchen, mummeln sich ein und schauen traurige Filme. Interpretieren mit ihren Freundinnen das warum und wieso – und sind plötzlich geheilt und genießen wieder ihr Leben. Meistens sogar mit einem neuen Look. Wirklich: Kein Klischee.  

Der durchschnittliche Liebeskummer dauert übrigens etwa ein Jahr; zumindest, wenn man wirklich richtig verliebt war oder schon Liebe im Spiel war. Aber auch hier ist es reine Statistik. 

Liebeskummer ist eine Art der Trauer. Der Mensch, den man liebte, ist plötzlich weg. So etwas wie kalter Entzug entsteht, denn im Körper drehen unsere Neurotransmitter durch. Wird uns die Liebe entzogen, sinkt nämlich der Dopamin-Spiegel im Gehirn drastisch: Wir werden unsicher, depressiv, mutlos. Schlaflosigkeit, Appetitlosigkeit und Konzentrationsprobleme quälen uns sehr. Und die Nebennieren produzieren verstärkt die Stresshormone Noradrenalin und Cortisol. Alles in allem fühlen wir uns extrem elend.  

Aber nun nochmal zurück zum Anfang: haben Sie sie noch vor Augen, die erste große Liebe? Der Typ, mit dem man das erste Mal zusammenzog und Zukunftspläne schmiedete; die Frau, die die Mutter der Kinder werden sollte. Und dann zerbricht diese Liebe und ein Weiterleben scheint undenkbar. Aber rückblickend passiert im Leben und in der Liebe noch viel mehr; da kommt ja noch die ein oder andere Geschichte, die Herzschmerz bereitet. Und ich wenn es keiner in dem Moment hören will: Es geht vorbei. Und dann laufen wir wieder in trauter Zweisamkeit durch das goldene Herbstlaub und knutschen wild mit roten Nasen und dicken Pullovern.  

Viel Spaß dabei! 

Wie immer gilt: Schreiben Sie mir, denn ich freue mich immer über Post mail@louisa-noack.de 

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