©Ralf Franzen

Von Maiskolben und neuen Jeans – es herbstet langsam los

CityGlow

1. September 2024

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Haben Sie auch manchmal ein Kinderlied im Ohr und wissen gar nicht mehr, wie die Melodie genau war? Aber irgendwas mit „kühler weht der Wind“? Also, ich habe jedes Jahr im September genau diesen Ohrwurm und denke zurück an Schulstunden voller grausamer musikalischer Vorträge und subjektiver Notenvergabe durch untalentierte Schüler und verbitterte Lehrer.

Dieses Jahr aber habe ich es geschafft: ich habe das Lied erfolgreich gegoogelt und jetzt kenne ich den Text und die Melodie und nerve meinen Mann damit. Schließlich steht jetzt der Herbst vor der Tür. Sie brauchen gar nicht so mit den Augen rollen! Der September ist nun mal meteorologischer Herbstanfang und die Zeit der Bikinis ist – in Deutschland zumindest – eigentlich vorbei. Sie können jetzt natürlich in den Süden fliegen, da ist es noch hübsch heiß. Sizilien soll toll sein. Oder sie machen die Heizung im Cabrio an – das geht natürlich auch.

September – das hat für mich schon immer etwas Goldenes, etwas Äpfeliges, etwas Gelbblättriges. Aber nichts Schlimmes. Sondern irgendwie ok. Die Erwartungshaltung an einen August? Klar: heiß muss er sein. An den Oktober: leicht frühkalt und nachmittags warm auf der Haut. Aber September? Das ist dazwischen! Da ist alles erlaubt!

Die Schule ist ja jetzt bei allen wieder in vollem Gange. Und es sind die ersten Wochen des neuen Schuljahres. Und das hat auch einen gewissen Zauber! Denn eine Klassenarbeit wird da noch nicht geschrieben. Es bleibt also genug Zeit für Späße und Freude auf dem Schulhof und in den Gängen. Die nächsten Ferien sind noch nicht in Sicht, es ist alles so in der Schwebe.

Der September lockt sowieso mit Spaß – jedenfalls in meiner Erinnerung. Da fuhren wir so manches mal mit dem Opel Vectra meines Vaters durch die Landschaft und hielten da und dort spontan an – die Äpfel an den Straßenrändern bettelten regelrecht darum, gepflückt zu werden. Oder Maiskolben! Wie ich es geliebt habe, die großen Blätter um den Kolben herum abzureißen, um den gelben frischen Mais zu naschen. Der September duftet für mich nach Spätsommer und Spaziergang. Die Sonne steht auch etwas tiefer, ist nicht mehr so stark – man kann sie mehr genießen.

Außerdem hatten im September die meisten meiner Freude Geburtstag und es gab Kindergeburtstage voller Kuchen und Limo – später dann voller verbotener Dinge und noch Alkohol. Zwei Dinge dazu: Eigentlich mag ich Spiele im Besonderen und Kindergeburtstage im Allgemeinen überhaupt nicht. Das liegt daran, dass Kinder fies sein können und gerade erinnere ich mich an den Geburtstag meiner Freundin Doreen, wo ich mit verbunden Augen bei eben so einem blöden Spiel nicht erkannte, dass ich auf eine Tomate biss – und ich vor Ekel alles auf den Teppich spuckte. Ende vom Lied: Es gab Ärger, die Stimmung war im Keller und die Katze war auch noch verschwunden. Gut, die haben wir dann beim Spaziergang wiedergefunden. Aber es war trotzdem alles Scheiße.

Vielleicht hat sich mich deshalb acht Jahre später einfach nicht mehr zu ihrem Fest eingeladen. Und das brach mir das Herz. Ich erzähle auch kurz noch davon: Ich hatte meine nigelnagelneue Jeans an; ausgestelltes Bein, super weicher Stoff, saß super auf dem Arsch einer 16-Jährigen.

Also, zurück zur eigentlichen Geschichte. Obwohl keine Einladung, schwang ich mich auf mein Rad mit einem Blumenstrauß und noch etwas anderem (es will mir nicht einfallen) und machte mich auf den Weg, um unangekündigt und überraschend vor der Tür von Geburtstags-Doreen zu stehen. In einer Kurve schaute ich auf den Strauß in meiner Hand, verlor die Kontrolle über das Rad und schlitterte volle Kanone über die Straße in den Gegenverkehr – keine Sorge – ich lebe ja noch, alle konnten rechtzeitig bremsen und ich blieb eigentlich unverletzt.

Eigentlich! Denn meine schöne Hose war natürlich aufgerissen und abgeschabt. Der Asphalt, der blöde Idiot, hatte mir mein Leben zerstört. Taschengeld und Outfit und damit Coolness-Faktor dahin. Aber ich gab nicht auf. Also wieder rauf aufs Rad und die letzten 300 Meter durchziehen. Meine Freundin Doreen machte die Tür auf, schaute mich von oben bis unten an, ich gab ihr den Blumenstrauß, sie sagte „Danke“ – ich dachte: „Warum zur Hölle bittet sie mich nicht rein?“ – die Tür schloss sich und mir stiegen die Tränen in die Augen. Abgemeldet – als Teenager einfach wie ein Weltuntergang. Aber Doreen schaut heute immerhin regelmäßig meine Storys bei Instagram an. Also vergessen konnte SIE mich wahrscheinlich auch nicht.

Was aus wem eigentlich geworden ist – die Kinder aus der Schulzeit, dann aus der Oberstufe – mir fällt fast jeder Name noch ein. Irre. Wer von wem abgeschrieben hat, wer besonders klug, doof oder frech war. Dann suche ich nach einigen von Ihnen im Internet und finde Bilder. Versuche, Ähnlichkeiten zu erkennen. Muss schmunzeln oder bin erstaunt: DAS ist aus IHR geworden? SO sieht DER heute aus? Sollte jemand von euch mich hier erkennen – schreibt mir doch! Na, oder lieber nicht. Wer weiß, was ich dann vorgeworfen bekommen, an das ich nicht erinnern kann oder will.

Zum Schluss noch ein paar wissenswerte Fakten, denn Sie sollen ja immer auch etwas lernen, wenn Sie schon meine Kolumne lesen: Im September sind die Tage und Nächte ungefähr gleich lang aufgrund der Herbst-Tag-und-Nacht-Gleiche. Dies passiert nur zweimal im Jahr, im März und September. Der Name “September” stammt vom lateinischen Wort “septem”, was sieben bedeutet. Der Monat war nämlich ursprünglich der siebte Monat im römischen Kalender, bevor Januar und Februar hinzugefügt wurden. Und: es gibt im September keinen bundesweiten Feiertag. Traurig. Aber bald ist Oktober!

Ach: Im September startet natürlich auch das Oktoberfest – ich war schon ein paar mal da, auch wenn ich gar kein Bier trinke. Vielleicht trifft man sich ja dort. Und es wäre auch eine super Gelegenheit, meine liebste Schulfreundin Mona in München zu besuchen. Die hat mich nie ausgeladen. Und wir brauchen kein Insta. Wir kommunizieren noch so richtig oldschool.

Bis bald! Und generell gilt auch weiterhin: Fragen, Anregungen, Kritik gern an mail@louisa-noack.de

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