Der unsichtbare Rucksack in der Vorweihnachtszeit – zwischen Magie und Mental Load
Jedes Jahr im Dezember widme ich diese Kolumne dem Thema Mental Load. Und jedes Jahr denke ich dabei: Ist das nicht längst auserzählt? Doch die Reaktionen zeigen mir, dass wir genau darüber immer wieder sprechen müssen. Warum? Weil sich gerade in der Vorweihnachtszeit so viele Mütter – mich eingeschlossen – zwischen Besinnlichkeit und Überforderung wiederfinden. Die Weihnachtszeit bringt uns die gleichen Herausforderungen wie der sonstige Alltag, nur verstärkt durch Lametta, Adventskalender und den Druck, eine perfekte, magische Zeit zu erschaffen.
Das zeigt, wie relevant dieses Thema ist. Es ist nicht nur ein saisonales Problem, sondern ein strukturelles, das in dieser Zeit jedoch besonders sicht- und vor allem spürbar wird. Und während draußen die Lichter & Weihnachtsmärkte funkeln, herrscht in meinem und in den Köpfen vieler Mamas das große Chaos: Listen, Termine, Erwartungen. All das schleppen wir in unserem unsichtbaren Rucksack durch den Alltag, der häufig ein gefühltes Zentnergewicht auf die Waage bringt.
Und so stehe auch ich – Unternehmerin und Mama eines Vierjährigen – wieder vor der Herausforderung, eine „unvergessliche Vorweihnachtszeit“ zu gestalten, ohne dabei selbst auf der Strecke zu bleiben und vor allem nicht den Fokus zu verlieren – eine besinnliche und unvergessliche Zeit für meine Familie, mein Kind und mich zu schaffen. Dieses Jahr habe ich mir fest vorgenommen, neue Wege zu gehen, um den Zauber der Weihnachtszeit wirklich zu genießen – und genau darüber möchte ich sprechen.
Der unsichtbare Rucksack
Mental Load ist für uns Mütter kein neues Konzept, doch in der Vorweihnachtszeit wird er zu einem unsichtbaren Rucksack, der plötzlich doppelt so schwer wird. Wir wollen für alle die perfekte Stimmung schaffen: Für die Kinder den Zauber, für die Familie Harmonie, für die Arbeit Effizienz. Dabei vergessen wir oft uns selbst.
Der unsichtbare Rucksack – wie schwer wiegt er wirklich?
Der unsichtbare Rucksack, den wir Mütter tragen, ist ein treuer Begleiter – nicht nur im Alltag, sondern gerade in der Vorweihnachtszeit wird er unbemerkt prall gefüllt. Dieser Rucksack wiegt jedoch nicht in Kilogramm, sondern in Gedanken: Habe ich genug Plätzchen für den Kindergarten gebacken? Sind die Geschenke für die Schwiegereltern passend? Habe ich die Wunschliste meines Kindes wirklich berücksichtigt? Es sind die To-dos, die nie aufhören, weil sie unsichtbar und oft unausgesprochen bleiben, jedoch fester Bestandteil des nie enden wollenden Gedanken-Karussells sind.
Was diesen Rucksack so schwer macht, ist nicht nur die Masse an Aufgaben, sondern der Anspruch, alles perfekt machen zu wollen – für die Kinder, für die Familie, für alle anderen. Die Gesellschaft, soziale Medien, und oft auch unser eigener innerer Kritiker erzählen uns, dass Weihnachten magisch sein muss. Dass wir diejenigen sind, die diese Magie erschaffen müssen.
Wie wir uns von der Last befreien können
Der Schlüssel, um diesen unsichtbaren Rucksack leichter zu machen, liegt nicht darin, ihn komplett auszuleeren – das ist gänzlich unmöglich. Stattdessen sollten wir uns fragen: Was muss wirklich hinein? Was kann ich loslassen? Hier sind einige Wege, die mir immer wieder helfen, die Last spürbar zu reduzieren:
- Aufgaben sichtbar machen: Oft tragen wir die Last, weil sie für andere unsichtbar bleibt. Schreib alle Aufgaben auf und teile sie offen mit deinem Partner oder deiner Familie. Was ist wirklich nötig? Und wer kann was übernehmen?
- Perfektion loslassen: Der Rucksack wiegt besonders schwer, wenn wir glauben, alles bis ins kleinste Detail perfekt machen zu müssen. Doch was bleibt wirklich in Erinnerung? Nicht der handverzierte Adventskalender, sondern die Zeit, die wir zusammen verbringen.
- Delegieren und Vertrauen: Gerade wir Mütter neigen dazu, Kontrolle behalten zu wollen – weil wir sicherstellen wollen, dass alles “richtig” gemacht wird. Doch Entlastung bedeutet auch, Vertrauen zu haben. Lass deine:n Partner:in, Tanten, Onkel, Freunde oder die Großeltern Aufgaben übernehmen, ohne ständig nachzuhaken. Frage dich, was dir wirklich Freude bereitet und ob das, was nicht dazugehört, nicht von jemand anderem übernommen werden kann? Basteln ist dein Ding, aber backen nicht? Klasse, vielleicht mag die Oma ja gerne backen – so schlägst du sogar zwei Fliegen mit einer Klappe: Du kannst etwas, was dir keine Freude bereitet abgeben und schaffst gleichzeitig gemeinsame Zeit für dein Kind mit einer anderer Bezugsperson. Falls ihr keine dieser Bezugspersonen im Umfeld habt, sind gekaufte Kekse oder ein fertiger Keksteig aus dem Supermarkt übrigens auch völlig in Ordnung! 😉
- Weniger ist mehr: Frag dich bei jedem Punkt: Muss das wirklich sein? Nicht jede Aktivität, nicht jede aufwendige Tradition muss jedes Jahr stattfinden.
- Zeit für dich einplanen: Der unsichtbare Rucksack wird leichter, wenn du selbst zur Ruhe kommst. Plane dir bewusst kleine Inseln der Entspannung ein. Für mich ist das ein Roman, (aktuell lese ich die Dallmayr Trilogie) in dem ich mind. 5 Minuten am Tag lese – 5 Minuten nur für mich!
Ein Rucksack voller Liebe & Die Magie des Weniger-ist-mehr
Letztlich ist unser unsichtbarer Rucksack nicht nur eine Last – er enthält auch all die Liebe, mit der wir diese besondere Zeit gestalten wollen. Doch Liebe braucht keinen Druck. Sie braucht Raum, um zu fließen.
Wenn wir lernen, den Rucksack bewusst zu packen, nur mit dem, was wirklich zählt, wird er nicht nur leichter, sondern auch wertvoller. Und wer weiß, vielleicht gelingt es uns, einen Teil der Last loszulassen und den magischen Zauber der Weihnachtszeit einfach zu spüren – für unsere Kinder und für uns selbst.
Was wirklich zählt
Am Ende des Tages frage ich mich: Wird sich mein Sohn in ein paar Jahren an die perfekt gebastelten Deko-Elemente erinnern, oder an das Gefühl, das diese magische Zeit transportiert; das Kuscheln, das Lachen, die Lichter, das Beisammensein!?
Vielleicht ist es genau das, was die Vorweihnachtszeit für uns alle wieder magisch machen kann: Weniger Erwartungsdruck, mehr echte Verbindung. Und wenn ich mich mal wieder im Weihnachtschaos verliere, erinnere ich mich daran, dass die besten Geschenke die sind, die man nicht kaufen kann – Zeit, Liebe und eine Mama, die auch mal loslassen kann.
In diesem Sinne wünsche ich eine unvergessliche Weihnachtszeit und magische Momente: Genießt den Zauber – in allen Facetten; echt, unperfekt und voller Liebe!
X Ann-Kathrin Hellge