Wenn man von Gilde oder Herrenhäuser spricht, weiß in Hannover jeder, wovon die Rede ist. Wenn man dagegen von „NORDSTADT braut!“ spricht, gucken sich viele Menschen noch fragend an. Und das, obwohl die Biermarke mittlerweile seit 2017 immer wieder auf sich aufmerksam macht. Erst kürzlich mit ihrer neuen Sorte „Rotbier eins“. Es ist ein eigenes Rezept und ist statt einem Red Ale eher ein Red Lager. Es soll eine andere Sichtweise zu den Bieren sein, die man sonst zum Beispiel aus Irland kennt. Der Name ist noch ein Arbeitstitel.
Die Nordstadt im Herzen
Die bisherigen Sorten sind durch ihren Namen mit der Nordstadt verbunden. Neben dem „30167 Pils“, was der Postleitzahl der Nordstadt entspricht, gibt es unter anderem noch das „Haltenhopf II“ und das „Kopernikuss“. Die Haltenhoffstraße und die Kopernikusstraße, an die der Name ein Hommage ist, gehören zu den bekanntesten Straßen der Nordstadt.
Doch das ist nicht die einzige Besonderheit an „NORDSTADT braut!“. Anders als die großen Marken ist „NORDSTADT braut!“ eine Genossenschaft: „Bei uns kann jeder Mitglied werden“, erzählt der Vorstandsvorsitzende Andreas Blume. Der 39-jährige wohnt selber seit 7 Jahren in der Nordstadt. Bei der Biermarke stehen laut Blume Gemeinsinn und Mitbestimmung im Vordergrund. „NORDSTADT braut! ist eine Unternehmung, die uns gemeinsam gehört, in der es keine Rolle spielt, wie alt oder jung jemand ist, in der Lust am Bier wichtiger ist als Gewinnmaximierung“, erläutert Blume.
Bier für die Vielfalt
Die Etiketten sind auch eine Besonderheit. Neben den Themen öffentlicher Personennahverkehr und Frauenpower, die auf den Labels thematisiert werden, spricht die Sorte „Hellga“ das womöglich wichtigste Thema an. Mit dem Label des Bieres, was 2020 rauskam, bezieht „NORDSTADT braut!“ nämlich klar Stellung für die LGBTQ+-Bewegung. Dafür gab es viel positives Feedback seitens der Community. Doch warum nutzt die Genossenschaft so außergewöhnliche Etiketten? „Mit unseren Bierlabels wollen wir die Menschen zum Reden anregen. Warum ist da eine Frau beim 30167? Warum eine Straßenbahn beim Haltenhopf?“, lässt der Vorstandsvorsitzende wissen. Bei „NORDSTADT braut!“ ist man der festen Überzeugung, dass Bier es schaffen könne, dass auch solche Themen wie die queere Identität am Stammtisch thematisiert werden. Die Freiheit, sich als Menschen ausdrücken zu können, wie man möchte, ist übrigens nicht nur ein Werbeidee, sondern innerhalb der Genossenschaft fest verankert und Teil der Identität.
Der Traum von etwas Eigenem
Auch in Zukunft wird es weiterhin Labels geben, die Themen ansprechen, die in Hannover oder gar in ganz Deutschland aktuell wichtig sind. Was sich allerdings ändern könnte, ist, dass zu dem Zeitpunkt „NORDSTADT braut!“ seine eigene Brauerei in der Nordstadt besitzt. Das ist ihr langfristiger Traum: „Kurzfristig wollen wir unsere Präsenz in der Gastronomie und im Handel in und um die Nordstadt herum ausbauen“, sagt Blume. Eine Konkurrenz zu den großen „Playern“, wie Blume sagt, könne man gar nicht sein: „Wir sind ein kleiner, lokaler Player mit sehr geringen finanziellen Mitteln und fast alle unsere Aufgaben werden auf ehrenamtlicher Basis erledigt“, erklärt Blume und schiebt ein anschließendes Lob hinterher: „Ich möchte mich ganz herzlich und ausdrücklich bei allen Genoss*innen bedanken, die so oft ihre Freizeit dafür nutzen, um die Brauerei erfolgreich mitzugestalten.“ Wenn ihr auf den Geschmack gekommen seid, findet ihr auf der „NORDSTADT braut!“-Internetseite eine Karte, auf der alle Standorte gekennzeichnet sind, wo das Bier erhältlich ist.